FTP-Explorer

Details zum Urteil

  • Landgericht Braunschweig
  • Urteil
  • vom 08.11.2000
  • Aktenzeichen 9 O 1741/00 (274)
  • Abgelegt unter Gewerblicher Rechtsschutz, IT-Recht

Urteil

In dem Rechtsstreit

(...)

wegen Erstattung von Abmahnkosten

hat die 9. Zivilkammer des Landgerichts Braunschweig im schriftlichen Verfahren ...

für Recht erkannt:

Die Beklagten wird verurteilt, an die Klägerin 1.633,80 DM zuzüglich 7,5% Zinsen seit dem 24.5.2000 zu zahlen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. (...)

Der Tatbestand

Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch. Die Klägerin ist Inhaberin der am 22.9.1995 angemeldeten und am 17.11.1995 eingetragenen deutschen Wortmarke ,,Explorer". Ausweislich des vor dem Oberlandesgericht München am 14.11.1996 geschlossenen Vergleichs hat die Klägerin dem amerikanischen Software-Hersteller Microsoft die Nutzung der Marke ,,Explorer" gegen ein Entgelt gestattet (Bl. 40 bis 43 dA-). Die Beklagte ist Inhaberin der Internet-Domain ,,www.#-#-#.de". Unter dieser Domain wird diverse Software zum Download angeboten. Unter der Adresse,,www..de/Hilfe/hilfefr.htm" wurde am 8. März 2000 ein Download der,,FTP-Explorer"-Software angeboten. Die FTP-Explorer-Software konnte direkt von der Internetseite der Beklagten heruntergeladen werden. Es befand sich auf der Internetseite kein Link auf eine fremde Internetseite.

Mit Schreiben vom 13.3.2000 wurde die Beklagte zur Abgabe einer Unterlassungserklärung und der Angabe der Vorlieferanten bis zum 20.3.2000 aufgefordert. Ferner forderte die Klägerin die Beklagte in dem Schreiben auf, die beigefügte Kostenrechnung für die Abmahnung bis zum 20.3.2000 zu begleichen. Die Kostenrechnung vom 13. März 2000 (Bl. 36 dA) ist nach einem Gegenstandswert von 100.000,-- DM und einer 7,5/10 Geschäftsgebühr berechnet. Der Rechnungsbetrag beläuft sich auf 1.633,80 DM ohne Mehrwertsteuer.

Die Beklagte unterzeichnete am 20.3.2000 die Unterlassungserklärung. Ein Ausgleich der Kostenrechnung erfolgte jedoch nicht. Die Klägerin ist der Ansicht, daß ihr ein Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten zusteht. Der Hinweis auf der Internetseite der Beklagten bezüglich der Download-Möglichkeit der FTP-Explorer-Software stelle eine Markenverletzung dar mit der Folge, daß die Abmahnung berechtigt gewesen sei.

Sie beantragt daher,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.633,80 DM zuzüglich 7,5% Zinsen ab Zustellung des Mahnbescheids (24.5.2000) zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht,. daß der Klägerin kein Anspruch auf Erstattung der Abmahnkosten zustehe, weil keine Verletzungshandlung im Sinne des § 14 Markengesetz vorliege. Zum einen handele es sich bei dem Hinweis auf die Downloadmöglichkeit des Programms FTP-Explorer auf der Internetseite der Beklagten nicht um ein Handeln im geschäftlichen Verkehr, weil die Beklagte damit keine Werbung oder Absatzförderung bezweckt habe. Der Hinweis auf das Programm sei zur Verbraucheraufklärung verwendet worden. Im übrigen habe die klägerische Marke keine Kennzeichnungskraft. Ferner fehle es an einer Nutzung der Marke durch die Klägerin. Hinsichtlich der Abmahnkosten wendet die Beklagte ein, daß es für die Abmahnung einer Einschaltung eines Rechtsanwaltes nicht bedurft hätte. Dies folge daraus, daß die Abmahnung wortgleich mit anderen vielen Abmahnungen, die die Klägerin gegen andere Firmen wegen des Hinweises auf den FTP-Explorer im Internet geschrieben hat. Im übrigen sei im Hinblick auf diese massenmäßige Absetzung von Abmahnungsschreiben eine 7,5/10 Gebühr nicht gerechtfertigt und der in Ansatz gebrachte Gegenstandswert sei zu hoch.

Die Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und begründet.

Der Klägerin steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Ersatz der Abmahnkosten gem. der §§ 683 Satz 1, 677, 670 BGB zu. Es ist in ständiger Rechtsprechung anerkannt, daß eine begründete Abmahnung gegenüber dem Abgemahnten eine Geschäftsführung ohne Auftrag darstellt (vgl. Ingerl/Ronke, Kommentar zum Markengesetz, Randnr. 94 vor den §§ 14 bis 19 MarkenG). Die Abmahnung war im vorliegenden Fall begründet, da die Beklagte mit ihrem Hinweis auf ihrer Internetseite zur Downloadmöglichkeit der FTP-Explorer-Software die Markenrechte der Klägerin verletzt hat und der Klägerin daher ein Unterlassungsanspruch gem. § 14 Abs. 5, Abs. 2 Nr. 2 MarkenG zusteht.

Entgegen der Ansicht der Beklagten handelt es sich bei dem Hinweis der Downloadmöglichkeit der FTP-Explorer-Software um ein geschäftliches Handeln, auch wenn die Beklagte für die Downloadmöglichkeit keine Kosten verlangen würde. Entscheidend für den Begriff des geschäftlichen Handelns kommt es lediglich darauf an, daß die Handlung einem beliebigen eigenen oder fremden Geschäftszweck dient (Ingerl/Ronke MarkenG, § 14 Randnr. 35). Im vorliegenden Fall wird durch den Hinweis auf den FTP-Explorer fremder Wettbewerb gefördert. Als Software-Hersteller ist die FTPX-Corporation im geschäftlichen Bereich tätig und nutzt hierbei auch das von ihr entwickelte Programm "FTP-Explorer". Durch den Hinweis auf die Downloadmöglichkeit dieses Programms fördert die Beklagte den Namen und die Bekanntheit der FTPX-Corporation. Im übrigen wird durch den Hinweis auf der Internetseite der Beklagten möglicherweise das Interesse vieler Internetuser geweckt. Dieses Interesse an der Internetseite der Beklagten kann die Beklagte zum Beispiel durch Aufnahme von Werbung in ihrer Internetseite geschäftsmäßig nutzen.

Die Marke der Klägerin ist auch kennzeichnungskräftig. Es ist zwar richtig, daß das englische Wort Explorer, aus dem die Marke abgeleitet ist, beschreibenden Inhalt hat und übersetzt sinngemäß Forscher bedeutet. Trotzdem kommt der Marke aufgrund der weltweiten Bekanntheit des Begriffs in Verbindung mit dem Programm Windows NT-Explorer des amerikanischen Softwareherstellers Microsoft eine große Bedeutung zu.

Es besteht auch eine Verwechslungsgefahr zwischen dem Zeichen Explorer und dem von der Beklagten genutzten FTP-Explorer. Entscheidend bei der Beurteilung der Verwechslungsgefahr sind die maßgeblichen Übereinstimmungen. Eine Verwechslungsgefahr würde im vorliegenden Fall nur dann nicht bestehen, wenn ein Zeichenbestandteil des Gesamtzeichens FTP-Explorer derart bestimmend ist, daß dadurch der Gesamteindruck des Zeichens geprägt wird. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Der Bestandteil Explorer ist das eindeutig prägende Zeichen. Bei dem Bestandteil FTP handelt es sich zum einen um den Herstellerhinweis und zum anderen ist dieser Bestandteil des Gesamtzeichens im Gegensatz zu dem Zeichenbestandteil Explorer nicht aussprechbar. Der Herstellerhinweis trägt zur Kennzeichnung nicht entscheidend bei (BGH GRUR 1996, 404 -,,Blendax-Pepp").

Entgegen der Ansicht der Beklagten wird die Marke von der Klägerin auch benutzt. Gem. § 26 Abs. 2 MarkenG wird auch die Benutzung der klägerischen Marke durch die Firma Microsoft, die die Klägerin ausweislich der vorliegenden vertraglichen Regelung vom November 1996 gestattet hat, der Klägerin zugerechnet.

Bis zu der Abgabe der Unterlassungserklärung, die erst aufgrund der Abmahnung erfolgt ist, bestand für die Klägerin die Besorgnis, daß die Beklagte die klägerische Marke weiterhin verletzt, weil der Hinweis auf den FTP-Explorer auf der Internetseite der Beklagten stand.

Die Einschaltung eines Rechtsanwaltes zum Zwecke der Abmahnung war auch erforderlich. Der Argumentation der Beklagten, die Einschaltung eines Rechtsanwaltes sei nicht erforderlich gewesen, da bereits gleichlautende Abmahnungsschreiben als Muster vorgelegen hätten, kann sich die Kammer nicht anschließen. Bei der Frage der Erforderlichkeit der Einschaltung eines Rechtsanwaltes kommt es darauf an, ob die Sach- und Rechtskunde des Anwalts erforderlich ist. Dies ist hier der Fall, da jeder einzelne Verletzungsfall sachlich und rechtlich gesondert zu prüfen ist. Es kommt daher nicht darauf an, ob das Abmahnschreiben bereits vorformuliert ist. Denn entscheidend ist die vorherige Prüfung, ob die Abmahnung in diesem Einzelfall gerechtfertigt ist. Dazu ist der Sachverstand eines Rechtsanwalts notwendig.

Der geltend gemachte Erstattungsanspruch steht der Klägerin auch in voller Höhe zu. Die Einwendungen der Beklagten hinsichtlich der Höhe greifen nicht durch. Der in Ansatz gebrachte Gegenstandswert in Höhe von 100.000,-- DM ist nach Ansicht der Kammer gerechtfertigt. Entscheidend für die Festsetzung des Gegenstandswertes ist zum einen der Marktwert der klägerischen Marke, die im Softwarebereich seit Jahren durch die Firma Microsoft genutzt wird, zum anderen ist zu berücksichtigen, daß der zugrundegelegte Gegenstandswert von.100.000,-- DM im unteren Bereich der Streitwerte für Markenverletzungen angesiedelt worden ist.

Auch die für die Abmahnung in Ansatz gebrachte Mittelgebühr von 7,5/10 ist nach Ansicht der Kammer gerechtfertigt. Nach der Rechtsprechung steht dem Anwalt für eine Abmahnung eine Mittelgebühr von 7,5/10 nach § 118 Abs. I Nr. 1 BRAGO zu (OLG Köln GRUR 1979, Seite 76; Baumbach-Hefermehl Einleitung UWG Randnr. 557 m.w. N.). Der Hinweis der Beklagten auf die Massen von Abmahnungen, die die Klägerin ausgesprochen hat, rechtfertigt nicht eine anderweitige Bemessung der Gebühr. Es ist unstreitig, daß der Anwalt der Klägerin in dem Schreiben vom 13.3.2000 eine Abmahnung ausgesprochen hat. Damit sind die Voraussetzungen des § 118 Abs. I Nr, 1 BRAGO erfüllt und der Anwalt der Klägerin hat zutreffend die sogenannte Mittelgebühr mit 7,5/10 bemessen. Aufgrund der rechtlichen Bedeutung der Abmahnung sieht die Kammer die Mittelgebühr von 7,5/10 als zutreffend bemessen an, unabhängig davon, ob es sich um ein Massengeschäft handelt oder nicht. Maßgeblich für die bemessene Mittelgebühr ist nicht die Schwierigkeit des Sachverhaltes, sondern die rechtliche Bedeutung der Abmahnung. Entgegen der Ansicht der Parteien war die Einholung eines Gutachtens bei dem Vorstand der Rechtsanwaltskammer nach § 12 Abs. 2 BRAGO im vorliegenden Fall nicht erforderlich. Nach der Rechtsprechung ist die Einholung eines Gutachtens zwingend erforderlich in einem Rechtsstreit zwischen dem Rechtsanwalt und dem Mandanten (vgl. OLG Frankfurt in Anwaltsblatt 1998 Seite 484). Einer Einholung eines Gutachtens bedarf es jedoch nicht, wenn der Auftraggeber die von ihm an seinen Anwalt gezahlte Vergütung in einem Rechtsstreit von einem Dritten fordert (vgl. Gerold/Eicken, Kommentar zur BRAGO, 14. Aufl. § 12 Randnr. 20).

Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 284, 288 BGB.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. l1, 711 ZPO.

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