FTP-Explorer
Details zum Urteil
- Landgericht München
- Urteil
- vom 25.05.2000
- Aktenzeichen 4HK O 6543/00
- Abgelegt unter Gewerblicher Rechtsschutz, IT-Recht
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Das Urteil
I. Die Beklagte wird verurteilt, es bei Meidung eines für jeden Einzelfall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes von DM 5,-- bis zu DM 500.000,--, an dessen Stelle im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ordnungshaft bis zu 6 Monaten tritt, oder einer Ordnungshaft bis zu 6 Monaten, im Wiederholungsfall bis zu zwei Jahren - eine Ordnungshaft ist zu vollziehen am Vorstand der Beklagten - zu unterlassen,
im geschäftlichen Verkehr zu Wettbewerbszwecken in Deutschland die Kennzeichnung
"FTP Explorer"
für Angebote zum Download von Software über das Internet zu benutzen.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens
Der Tatbestand
Die Parteien streiten um die Frage der Rechtmäßigkeit des Gebrauchs der Bezeichnung "FTP-Explorer" seitens der Antragsgegnerin.
Die Antragstellerin entwickelt und vertreibt Software, insbesondere grafische Systeme. Sie ist Inhaberin der am 22.09.1995 angemeldeten und am 17.11.1995 eingetragenen deutschen Marke, " EXPLORER" Nr. 395 38 830, eingetragen für "Datenverarbeitungsgeräte und Datenverarbeitungsprogramme", und einer identischen Gemeinschaftsmarke, ferner der am 08.04.1994 angemeldeten und am 31.10.1994 eingetragenen deutschen Marke ,,EXPLORA" Nr. 2 077 171, eingetragen für "auf Datenträgern gespeicherte Datenverarbeitungsprogramme", und ebenfalls einer identischen Gemeinschaftsmarke.
Die Antragsgegnerin ist eine Firma, die im Bereich der Telekommunikation tätig ist. Sie ist Inhaberin der Internet-Domain ,,www.net-com-ag.de". Über die zu dieser Domain gehörige Internetseite mit der Adresse "http:/www.net-com-ag.de/loertel/hilfe/selfhtml/tbcf.htm" bietet sie diverse FTP-Software zum Download an, u.a. "FTP-Explorer". Über einen Link auf der Homepage der Antragsgegnerin gelangt der Internetbesucher zu den entsprechenden Downloadseiten eines Dritten.
Seit Herbst 1999 ist der Antragstellerin bekannt, daß ein Herr ... in einem Programm mit der Bezeichnung "SELFHTML" die sog. "FTP-Explorer"-Software integriert hat.
Den Autor der SELFHTML, ..., hat die Antragstellerin letztlich abgemahnt am 09.03.2000; sie hat jedoch keine weiteren gerichtlichen Schritte gegen ... unternommen und insbesondere gegen diesen keinen Verfügungsantrag gestellt.
Der anwaltliche Vertreter hat die Antragstellerin am 07.03.2000 von seinen Erkenntnissen unterrichtet, daß in der Homepage der Antragsgegnerin die Verweisung auf das Programm "FTP-Explorer" enthalten ist; zuvor hatte die Antragstellerin hiervon keine Kenntnis besessen.
Mit Schreiben vom 27.03.2000 wurde die Antragsgegnerin abgemahnt; eine Unterlassungserklärung hat die Antragsgegnerin nicht abgegeben.
Der Antrag der Antragstellerin auf Erlaß einer einstweiligen Verfügung gegen die Antragsgegnerin vom 06.04.2000 ist am selben Tag bei Gericht eingegangen.
Die Antragstellerin behauptet im wesentlichen, sie vermarkte bereits seit den 80-iger Jahren "EXPLORER"-Software. Der "FTP-Explorer" sei von der US-amerikanischen Fa. FTPX Corporation entwickelt worden und werde auf deren Homepage in den USA als Shareware zum Download angeboten, u.a. gegen eine entsprechende Vergütung für die gewerbliche Nutzung in US-$. Die Antragsgegnerin biete diese Software auf ihrer eigenen Homepage zum "Download" an. Hierfür habe sie einen Link zu den Homepages der o.g. US-Firma gesetzt. Die Benennung "FTP-Explorer" und der Link zu den Download-Seiten der o.g. US-Firma seien im eigenen HTML-Quellcode der Antragsgegnerin enthalten. Der Inhaber des Unterverzeichnisses ... habe sich als "freier Mitarbeiter" der Antragsgegnerin bezeichnet und behauptet, daß die fraglichen Internetseiten von dieser eingerichtet worden seien.
Die Marke "Explorer" werde intensiv in Deutschland benutzt. "Explorer" sei zumindest eine bekannte Marke, wenn nicht bereits eine berühmte Marke im EDV-Bereich. So sei beispielsweise der "Internet-Explorer" von Microsoft von der Antragsgegnerin lizenziert. Durch die Benutzung der Bezeichnung "FTP-Explorer" im Internet für FTP-Programme verletze die Antragsgegnerin das Markenrecht der Antragstellerin.
Da ... nicht auffindbar gewesen sei, sei man, so führte die Antragstellerin in der mündlichen Verhandlung am 04.05.2000 aus, gegen ihn nicht gerichtlich vorgegangen.
Die Antragstellerin beantragt: (...)
Die Antragsgegnerin beantragt: (...)
Sie behauptet, es bestünden weder Verfügungsgrund noch Verfügungsanspruch. Der geltendgemachte Verfügungsanspruch scheitere, da die Bezeichnung "FTP-Explorer" nicht markenmäßig, sondern allenfalls im Rahmen einer "Markennennung" verwendet worden sei. Zudem wäre ein eventueller markenmäßiger Gebrauch gemäß § 23 Nr. 2 MarkenG gestattet, denn es werde nur auf entsprechende Programme hingewiesen. Ferner sei zu bedenken, daß zwischen den einander gegenüberstehenden Bezeichnungen keine Ähnlichkeit und damit keine Verwechslungsgefahr bestehe. Schließlich liege eine Verantwortlichkeit der Antragsgegnerin gemäß § 5 Abs. 2 Teledienstgesetz (TDG) nicht vor. Hinsichtlich der fremden Inhalte habe die Antragsgegnerin nicht in erforderlicher positiver Kenntnis gehandelt, vielmehr habe sie nach Erkennen des Sachverhalts die in ihrer Homepage enthaltenen Verweise auf das Programm "FTP-Explorer" entfernt.
Im übrigen fehle dem Antrag der Antragstellerin die erforderliche Dringlichkeit. So lasse die Antragstellerin seit Mitte 1999 durch den Verfahrensbevollmächtigten Abmahnungen verschicken betreffend SELFHTML. Autor dieser Dokumentation sei .... Dies habe die Antragstellerin und ihr anwaltlicher Vertreter gewußt. Weiter sei der Antragstellerin und ihrem Anwalt bekannt, daß es mehrere hundert solcher "gespiegelter" Versionen von SELFHTML im Netz gäbe und alle diese Versionen eine Datei namens tbcf.htm mit dem Link zum FTP-Explorer enthalten würden. Angesichts dieser Kenntnis sei der Antrag vom 06.04.2000 zu spät gestellt worden, müsse sich doch die Antragstellerin das Wissen ihres anwaltschaftlichen Vertreters anrechnen lassen. Angesichts ihres Wissens um die SELFHTML hätte die Antragstellerin die Antragsgegnerin über Suchmaschinen längst ausfindig machen können. Sie habe dies unterlassen und damit dokumentiert, daß die Angelegenheit letztlich nicht eilbedürftig sei.
Endlich sei die Dringlichkeitsvermutung dadurch widerlegt, daß die Antragstellerin gegen Herrn ..., den Autor der SELFHTML, nicht gerichtlich vorgegangen sei, um die ,,Quelle zu Versiegen" zu bringen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf den Inhalt des Sitzungsprotokolles vom 04.05.2000 verwiesen. Der nach dem Schluß der mündlichen Verhandlung (04.05.2000) eingegangene Schriftsatz der Antragstellerin vom 08.05.2000 wurde bei der Entscheidung nicht mehr berücksichtigt.
Die Entscheidungsgründe
Der zulässige Antrag ist begründet; Verfügungsgrund und Verfügungsanspruch liegen vor.
I.
Die beanstandete Bezeichnung "FTP-Explorer" wurde im Internet benutzt. Das Internet ist von München aus aufrufbar. Das Landgericht München I ist daher örtlich zuständig, §140 II MarkenG in Verbindung mit der VO vom 02.02.1988, GVBl. 5. 6, geändert durch VO vom 06.07.1995, GVBl. 5. 343); dessen sachliche und die funktionelle Zuständigkeit der Handelskammer folgen aus § 140 Abs. 1 MarkenG und § 95 Abs. 1 Ziffer 4 lit. c GVG.
II.
Ein Verfügungsgrund liegt vor.
Den Verfügungsgrund braucht die Antragstellerin nicht glaubhaft zu machen. Die Dringlichkeit wird auch in Markensachen entsprechend § 25 UWG (vgl. Baumbach/Hefermehl, Wettbewerbsrecht, 21. Auflage, RZ. 9 und 5 zu § 25) vermutet. Diese Vermutung wurde vorliegend nicht widerlegt.
Die Eilbedürftigkeit ist nach ständiger Rechtsprechung des Oberlandesgerichts München stets gewahrt, wenn der Verfügungsantrag innerhalb einer Frist von vier Wochen (vgl. OLG München in Baumbach/Hefermehl, a.a.O., Rz. 15 zu § 25) ab Kenntnisnahme vom Markenverstoß (vgl. Baumbach/Hefermehl, a.a.O.) gestellt wird.
Abzustellen ist auf den Zeitpunkt, zu dem der Verletzte erstmals von der Verletzungshandlung, d.h. dem objektiven Markenverstoß, und zusätzlich von der Person des Verletzers positive Kenntnis erlangt hat.
Soweit die Antragsgegnerin der Ansicht ist, die Antragstellerin hätte bereits früher von der Person des Verletzers, hier von der Antragsgegnerin, Kenntnis erlangen können, wenn sie über entsprechende Suchmaschinen geforscht hätte, so kann dies zutreffen. Tatsache ist, daß die Antragsgegnerin durch die eidesstattliche Versicherung ihres Geschäftsführers ... vom 07.04.2000 glaubhaft dargelegt hat, von Herrn Rechtsanwalt ... erstmalig am 09.03.2000 von der Internet-Domain "www.net~com-ag.de/loertel/hilfe/selfhtml/tbcf.htm" unterrichtet worden zu sein. Durch diese Nachricht hat sich erstmals für die Antragstellerin ein konkreter Hinweis auf die Antragsgegnerin als Inhaberin dieser Domain abgezeichnet. Geht der entsprechende Verfügungsantrag mithin am 06.04.2000 bei Gericht ein, so ist dieser Antrag innerhalb einer Frist von vier Wochen gestellt worden. Die Dringlichkeit wird daher vermutet, § 25 UWG.
Die Rechtsansicht der Antragsgegnerin, die Antragstellerin müsse sich gemäß § 166 Abs. 1 BGB die frühere Kenntnis ihres anwaltlichen Vertreters anrechnen lassen, teilt die Kammer nicht.
Die Antragsgegnerin hat nicht glaubhaft dargetan, daß Herr Rechtsanwalt ... von der Antragstellerin als Geschäftsherrin zum Wissensvertreter in der Weise berufen worden sei, daß er z.B. in markenrechtlichen Angelegenheiten als Repräsentant der Antragsgegnerin bestimmte Aufgaben in eigener Verantwortung zu erledigen und die dabei anfallenden Informationen zur Kenntnis zu nehmen und ggf. weiterzugeben habe (vgl. Palandt, Kommentar zum BGB, 59. Auflage, Rz. 6 zu § 166). Das Wissen des anwaltlichen Vertreters über die Tätigkeiten Dritter im EDV-Bereich, hier des Herrn ... im Rahmen der Schaffung und Benutzung der SELFHTML, ist daher der Antragstellerin nicht über § 166 Abs. 1 BGB zuzurechnen.
Für die Entscheidung der Frage der Dringlichkeit ist es schließlich nicht erheblich, ob der Autor der SELFHTML erreichbar gewesen wäre oder nicht. Im vorliegenden Verfahren ist lediglich maßgeblich die konkrete Rechtsbeziehung zwischen den Parteien und nicht ein mögliches Rechtsverhältnis der Antragstellerin zu einem Herrn ... als einem außenstehenden Dritten.
II.
Der Verfügungsanspruch ist begründet.
1. Die Antragsgegnerin hat es zu unterlassen, eine konkrete Software zum Download unter der Bezeichnung ,,FTP-Explorer" anzubieten, §S 4 Nr. 1, 14 Abs. 2 Nr. 2 und Abs. 5 MarkenG.
a) Die Marke ,,FTP-Explorer" der Antragstellerin wurde bereits am 17.11.1995 unter Nr. 396 36 172 in das vom Patentamt geführte Register eingetragen. Dadurch ist ein Markenrecht der Klägerin entstanden, § 4 Nr. 1 MarkenG.
Ein prioritätsälteres Markenrecht besitzt die Antragsgegnerin nicht.
b) Soweit die Antragsgegnerin die Benutzung der Marke durch die Antragstellerin bestreitet, gilt die Benutzung der Marke ,,Explorer" durch den Lizenznehmer Microsoft nach § 26 Abs. 2 MarkenG als Benutzung zu deren Gunsten. Im übrigen bestünde derzeit noch die 5-jährige Schonfrist des § 25 MarkenG.
c) Der Erwerb des (älteren) Markenschutzes nach § 4 Nr. 1 MarkenG gewährt der Klägerin ein ausschließliches Recht, § 14 Abs. 1 MarkenG, kraft dessen die Antragstellerin angesichts der vorliegenden Voraussetzungen des § 14 Abs. 2 MarkenG von der Antragsgegnerin verlangen kann, die Benutzung ihrer Marke ,,Explorer" zu unterlassen, §14 Abs. 5 MarkenG.
aa) Die Produkte der Parteien, die unter den gegenständlichen Bezeichnungen vertrieben werden, sind ähnlich. Es handelt sich jeweils um Software, die im EDV-Bereich eingesetzt wird.
bb) Grundsätzlich besitzt die Marke der Antragstellerin eine ausreichende Kennzeichnungskraft.
Das Wort ,,explorer" ist der deutschen Sprache fremd; es stammt aus der englischen Sprache und bedeutet soviel wie ,,Entdecker". Für ein EDV-Programm, mit dessen Hilfe elektronische Daten zu neuen Dateien oder Übersichten verarbeitet werden können, erscheint dieser Begriff nicht beschreibend, sondern ausreichend von Phantasie geprägt, somit originell genug, um als herkunftsmäßiges Kennzeichen zu dienen.
cc) Die Marken der Parteien sind ähnlich, sie unterscheiden sich in hier entscheidungserheblicher Weise lediglich dadurch, daß die Beklagte ihrer Kennzeichnung die Kurzbezeichnung ,,FTP" vorangestellt hat. Dieser Bezeichnung mißt die Kammer keine maßgeblich differenzierende Bedeutung bei, denn im Gegensatz zu dem Begriff ,,Explorer" verkörpert die Bezeichnung "FTP" keinen Wortsinn und wird in der Aussprache lediglich buchstabiert. Durch den phonetischen Klang des aussprechbaren Wortes " explorer" wird nach Ansicht der Kammer der Begriff ,,FTP-Explorer" somit hauptsächlich durch das Wort ,,explorer" geprägt.
Da sich die von den Parteien benutzten Kennzeichnungen ähnlich, im prägenden Teil sogar identisch sind, führt der Zusatz ,,FTP", den die Antragsgegnerin voranstellt, nicht aus der Verwechslungsgefahr heraus.
Die Frage der Verwechslungsgefahr ist unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles umfassend zu beurteilen. Hierzu gehören insbesondere der Bekanntheitsgrad der Marke am Markt, die gedankliche Verbindung, die das benutzte oder eingetragene Zeichen zu ihr hervorrufen kann, sowie der Grad der Ähnlichkeit zwischen der Marke und dem Zeichen und zwischen den damit gekennzeichneten Waren (vgl. BGH GRUR 1998, 932 - MEISTERBRAND; BGH GRUR 1998, 927 -COMPO-SANA). Es ist also grundsätzlich beim der Prüfung der Verwechslungsgefahr vom Gesamteindruck der in Rede stehenden Zeichen auszugehen. Dies schließt aber nicht aus, daß im Rahmen der Prüfung der Verwechslungsgefahr insbesondere die ein Zeichen unterscheidenden und dominierenden Elemente zu berücksichtigen sind (vgl. BGH GRUR 1998, 1014 - ECCO).
Die Kammer berücksichtigt daher einerseits im Rahmen der Wechselbeziehung der Kriterien (vgl. Ingerl/Rohnke, a.a.O. Rz. 180 zu § 14) die Tatsache, daß die jeweils entsprechend bezeichneten Produkte als Software nicht nur ähnlich, sondern sogar in gewisser Weise identisch sind. Diese enge Warenähnlichkeit erfordert gleichsam als Korrelat eine äußerst starke Kennzeichnungskraft der einzelnen Marken, um aus der Verwechslungsgefahr herausführen zu können. Ist die Wortmarke nicht mit stärkster Kennzeichnungskraft ausgestattet, so bedarf es zwangsläufig eines stark wirkenden Unterscheidungskriteriums. Diese Voraussetzung erfüllt die durch die Antragsgegnerin vorangestellte Kurzbezeichnung ,,FTP" grundsätzlich nicht. Mag der in die Geheimnisse der EDV eingeweihte Verbraucher die Abkürzung ,,FTP" als besonderes Merkmal begreifen, so ist diese Buchstabenkombination für den durchschnittlichen Verbraucher ohne eigene Aussagekraft. Mangels Kenntnis der sich dahinter verbergenden Aussage der Abkürzung ,,FTP" wird der Durchschnittsverbraucher dieser Buchstabenkombination nicht die Beachtung schenken, die u.U. aus der dargelegten Verwechslungsgefahr herausführen könnte.
d) Die Bezeichnung "FTP-Explorer" benutzt die Antragsgegnerin im Internet zur Bezeichnung eines Produktes, das sie über einen Link auf ihrer Homepage im Internet als Software zum Download anbietet.
Den Link, d.h. die Verbindung zur Homepage eines Dritten, hat die Antragsgegnerin bewußt auf ihrer eigenen Homepage gesetzt. Sie bedient sich somit der technischen Verbindungsmöglichkeit, ihrerseits auf die Produktpalette Dritter hinzuweisen. In diesem Verhalten sieht die Kammer eine eigene Tätigkeit der Antragsgegnerin, das Produkt "FTP-Explorer" anzubieten und zu verbreiten.
Ausweislich der Anlage K 4, dem Ausdruck der der Antragsgegnerin zuzurechnenden Internetseite "http://netcom-ag.de/loertel/hilfe/selfhtml/tbcf.htm", bietet die Antragsgegnerin die Software "FTP-Explorer" zum Download an. Zunächst wird unter der voranstehenden Rubrik "Allgemeines zu FTP-Programmen" diese Software erläutert, sodann folgt unter der folgenden Rubrik "FTP-Programme für MS Windows" eine Auflistung verschiedener Software-Programme unter Nennung ihrer jeweiligen Namen, wie z.B. "Absolute FTP", "Crystal FTP", "Cute FTP", "FTP Control", "FTP Explorer", etc. Diese namentliche Nennung der Software-Programme dient dem Ziel, daß sich der Verbraucher diese Programme nutzbar macht. Der Name "FTP-Explorer" wird also nicht lediglich als "Markennennung" irgendeines Software-Programmes gebraucht, um etwa nur auf die Existenz dieser Software hinzuweisen, sondern zum Download, d.h. letztlich zur Handhabung, zum Erwerb des konkreten "FTP-Explorer"-Programmes seitens des Internetbesuchers. Im Rahmen des von ihr gesetzten Links benutzt die Antragsgegnerin die Bezeichnung "FTP-Explorer" weder als Angabe über Merkmale oder Eigenschaften einer bestimmten Software noch als Hinweis auf deren Bestimmung; es liegt somit kein Fall des § 23 MarkenG, vielmehr eine markenmäßige, die Herkunft der Software kennzeichnende Verwendung vor.
e) Schließlich vermag die Vorschrift des § 5 TDG die Antragsgegnerin nicht zu entlasten.
Die Antragstellerin hat in ihrer Antragsschrift unwidersprochen vorgetragen, daß ... der Antragstellerin erklärt habe, nicht er, sondern die Antragsgegnerin habe die fragliche Internetseite mit dem entsprechenden Link auf die Homepage eines Dritten eingerichtet. Setzt die Antragsgegnerin also bewußt in ihrer Homepage einen Link auf die Internetseite eines Dritten, so macht sie sich dadurch diesen fremden Inhalt zu eigen. Die Antragsgegnerin ist und bleibt damit verantwortlich für ihr Tun nach § 5 Abs. 1 TDG.
Da der Buchstabenzusatz "FTP" aus der Verwechslungsgefahr nicht herauszuführen vermag, ist der auf § 14 Abs. 5 und 2 MarkenG gestützte Unterlassungsanspruch der Antragstellerin begründet.
(...)
Kommentar von
Die Entscheidung des LG München I weist bereits auf Tatbestandsebene entscheidungserhebliche Unrichtigkeiten auf. Das Gericht führt u.a. aus, die Antragsgegnerin würde über ihre Homepage die Software "FTP-Explorer" zum Download anbieten. Des weiteren meint das Gericht, der Internetnutzer käme über einen Link auf der Homepage der Antragsgegnerin zu den entsprechenden Downloadseiten eines Dritten.
Eine weitere - nicht entscheidungserhebliche - Unrichtigkeit illustriert die Probleme, die die Kammer bei der Sachverhaltserfassung hat. Das Gericht bezeichnet "SELFHTML" als Programm und spricht davon, daß der Autor die FTP-Explorer-Software dort integriert hätte.
Es wird manche Leute freuen, daß ihre html-Seiten nunmehr als Programme - i.S.d. UrhG? - gesehen werden. Daß es nunmehr auch möglich ist, Software mittels eines Hyperlinks auf eine Startseite in ein anderes Programm zu integrieren, dürfte dann aber doch Verwunderung auslösen. ;-)
Da es sich bei der vom Gericht beanstandeten Website um einen bloßen "Mirror" der weiterhin im Netz abrufbaren "SELFHTML-Site" handelt, ist der Sachverhaltsaspekt ohne weiteres nachvollziehbar.
Auf "SELFHTML" findet man zunächst eine Aufzählung sog. FTP-Clients, u.a. auch des FTP-Explorers, für MS Windows vor. Ein Hinweis auf eine Downloadmöglichkeit erfolgt nicht. Die Programmbezeichnungen sind zudem mit Hyperlinks auf die jeweiligen Softwarehersteller unterlegt. Diese Links verweisen aber nicht etwa im Wege sog. "Deep-Links" unmittelbar auf eine Downloadseite, sondern vielmehr auf die Startseite der Softwarehersteller.
Es sollte deshalb naheliegen, die beanstandete Seite zunächst als das zu sehen, was es ist; eine Produktübersicht die einen Hinweis auf den Hersteller enthält. Solche Sachverhalte sind bislang als markenrechtlich nicht relevant angesehen worden. Dies gilt insbesondere für die Nennung einer Produktbezeichnung im Rahmen eines Warentest oder einer Produktübersicht. Eine Benutzung für eine eigene Ware oder Dienstleistung ist damit nicht verbunden.
Den bloßen Hinweis auf den Hersteller wird man - abhängig vom konkreten Einzelfall - u.U. auch als von § 23 MarkenG gestattet ansehen müssen.
Das Gericht erkennt diese Aspekte zwar, würdigt sie aber aufgrund der eingangs geschilderten unrichtigen Sachverhaltserfassung unzutreffend.
Da noch nicht einmal auf eine Downloadseite verlinkt wird, ist die Schlussfolgerung des Gerichts, es würde ein Download angeboten, nicht haltbar. Ein Download kann weder von der beanstandeten Seite noch von der verlinkten Seite aus gestartet werden. Die Tatsache, daß man mittels einiger weiterer Mausklicks zu einer Downloadgelegenheit gelangen kann, kann hieran nichts ändern. Dies entspricht dem Wesen des WWW. Eine Downloadgelegenheit kann man mit Hilfe weniger Klicks von jedem beliebigen Punkt des Web aus erreichen.
Die sich ebenfalls stellende Frage ob man mittels eines Links auf ein Drittangebot überhaupt einen Download anbieten kann, soll hier nicht erörtert werden.
Das Gericht führt ferner aus, daß ein bewußt gesetzter Link ein Zueigenmachen der fremden Inhalte begründet und bejaht damit die Anwendbarkeit von § 5 I TDG. Dies wird allerdings von Teilen der Rechtsprechung und der überwiegenden Meinung der Literatur anders gesehen. Man hätte deshalb erwarten dürfen, daß sich das Gericht mit der entgegenstehenden Auffassung auseinandersetzt und seine Ansicht begründet.
Die Kammer verkennt zudem, daß sie sich mit ihrer Entscheidung in Wertungswiderspruch zum OLG München - CD Bench - begibt. Das OLG hat dort eine Spiegelung eines Softwarearchivs - die beanstandete Software lag unmittelbar auf dem Server der Beklagten! - nach § 5 II TDG beurteilt.
Es ist deshalb nicht einsichtig, weshalb eine Spiegelung einer Website, deren Markenverstoß zudem lediglich mit einem Link auf ein externes Angebot begründet wird, einem strengeren Haftungsmaßstab unterfallen sollte.