Haftung für Links

Details zum Urteil

  • Landgericht Hamburg
  • Urteil
  • vom 12.05.1998
  • Aktenzeichen 312 O 85/98
  • Abgelegt unter IT-Recht
  • Kommentiert von

Leitsatz der Kanzlei

Wer von seiner eigenen Webpage aus einen Link auf eine fremde Website, auf der beleidigende Äußerungen über einen Dritten getätigt werden, setzt, ist dem Dritten gegenüber zum Schadensersatz verpflichtet, wenn derjenige der den Link gesetzt hat sich nicht in ausreichendem Maße von den beleidigenden Äußerungen distanziert hat. Ein Hinweis auf die Verantwortung des Autors des beleidigenden Textes stellt keine ausreichende Distanzierung dar.

Der Tatbestand

(...)

Der Beklagte ließ, nachdem ein weiterer Rechtsstreit zwischen den Parteien vorangegangen war, auf seiner Internet-Homepage (...) Links auf im Internet vorhandene Informationen über den Kläger aufnehmen. (...)

Der Kläger hält diese "Berichterstattung" für sittenwidrig und sieht sein allgemeines Persönlichkeitsrecht als verletzt an. Der Beklagte hafte, da er sich durch den Verweis auf die Webpage (die die streitigen beleidigenden Äußerungen enthält; Anm. d. Verfassers) die dortigen Ausführungen zu eigen gemacht habe. (...)

Er (der Beklagte; Anm. d. Verfassers) meint, er habe durch die Zusammenstellung der über den Kläger erfolgten Äußerungen einen "Markt der Meinungen" eröffnet.

Des weiteren habe er durch Aufnahme einer Haftungsfreizeichnungsklausel klargestellt, daß er keinerlei Verantwortung übernehme. Im übrigen mache er von seinem Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch. Hierbei sei zu berücksichtigen, daß sich der Kläger selbst nach außen hin exponiere. Schließlich fehle es auch an der Darlegung eines Wettbewerbsverhältnisses.

Die Entscheidungsgründe

Die Klage ist begründet aus § 823 I., II. BGB i.V.m. §§ 186 StGB, 824 BGB wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sowie der Ehre des Klägers.

Der Beklagte hat dadurch, daß er einen sog. Link auf die Webpage - Anlage JS 2 - in seiner Homepage aufgenommen hat, die auf der Anlage JS 2 befindlichen ehrverletzenden sowie beleidigenden Tatsachenbehauptungen als auch Meinungsäußerungen zu seinen eigenen gemacht.

Nach Auffassung des erkennenden Gerichts wie auch wohl des Beklagten, denn er hat die Unterlassungserklärung abgegeben, überschreitet der Text der Anlage JS 2 an mehreren Stellen die von Art. 5 GG geschützte Meinungsfreiheit, in dem die durch Güterabwägung zu ermittelnde Grenze zum Ehr- und Persönlichkeitsrechtsschutz nicht eingehalten ist. Angesichts der von dem Beklagten abgegebenen Unterlassungserklärung erübrigt sich eine detaillierte Darlegung der Beleidigungen im einzelnen. Hinsichtlich des klagweise weiterverfolgten Schadensersatzanspruchs ist auszuführen, daß entgegen der Auffassung der Beklagten die Aufnahme des Links weder von der "Haftungsfreizeichnungsklausel" - so sie denn am 17.02.1998 überhaupt aufgenommen gewesen ist - noch von dem ohnehin erst im nachhinein erstellten sog. "Markt der Meinungen" gerechtfertigt wird.

Wie in der Entscheidung des BGH vom 30.01.1996, NJW 96, 1131 ff. ausgeführt, kann das Verbreiten einer von einem Dritten über einen anderen aufgestellten herabsetzenden Tatsachenbehauptung dann eine Persönlichkeitsrechtsverletzung darstellen, wenn derjenige, der die Behauptung wiedergibt, sich nicht ausreichend von ihr distanziert. Eine solche ausreichende Distanzierung hat der Beklagte jedenfalls nicht dadurch vorgenommen, daß er auf die eigene Verantwortung des jeweiligen Autors verweist. Dies ist keine Distanzierung, sondern vielmehr eine nicht verantwortete Weitergabe und damit eine eigene Verbreitung.

Auch von einem nach Meinung des Beklagten dank seiner Recherchen über den Kläger aufgestellten Zusammenschau von über den Kläger erfolgten Publikationen im Sinne der zitierten BGH-Entscheidung vorliegenden Markt der Meinungen, der etwa die Aufnahme des Links legitimieren könnte, kann nicht die Rede sein. Es geht dem Beklagten nicht darum, wie aber in der zitierten Entscheidung des BGH der Fall, ein Kaleidoskop von Behauptungen in einer die Öffentlichkeit berührenden Angelegenheit möglichst umfassend in alle möglichen Richtungen vertiefend wiederzugeben, um der Wahrheitsfindung nachzuhelfen. Der Beklagte hat vielmehr hier eine Zusammenschau ehrverletzender Artikel über den Kläger erstellt. Die auf der Webpage Anlage JS 2 enthaltenen ehrverletzenden Behauptungen sind darüber hinaus so schwerwiegend und nachhaltig, daß der Beklagte vom Grunde her nicht allein zur Abdeckung des materiellen, sondern auch des immateriellen Schadens verpflichtet ist. (...)

Kommentar von

Die Entscheidung ist im Grundsatz nicht zu beanstanden, wobei es wünschenswert gewesen wäre, wenn das Gericht ausgeführt hätte, wie sich der Beklagte von dem hinter dem Link stehenden Inhalt hätte distanzieren müßen, damit es hier nicht zu einem Schadensersatzanspruch gekommen wäre.

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